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Hebammen-Tipps für Deinen Kaiserschnitt

Hier findest Du Informationen rund um die „Sectio Caesarea“ (Schnittentbindung) und den sanft gestalteten Kaiserschnitt für Mutter und Kind.

Häufigkeit eines Kaiserschnitts

Mittlerweile bekommen gut ein Drittel der Frauen in Deutschland ihre Kinder durch einen primären (ohne Wehentätigkeit oder vorzeitigen Blasensprung) oder sekundären (während des Geburtsverlaufs oder bei vorzeitigem Blasensprung) Kaiserschnitt.
Laut WHO ist diese hohe Rate an Schnittentbindungen nicht zu rechtfertigen, da ab einer Kaiserschnittquote von über 10% keine nennenswerten Verbesserungen des kindlichen Zustands nach der Geburt erreicht werden.

Dass die Kaiserschnitte dennoch so zahlreich sind liegt auch daran, dass sich die gesellschaftliche Einstellung zu Operationen verändert hat, Schnittentbindungen profitabler und leichter planbar sind, eine 1:1-Betreuung nur sehr selten gewährleistet ist und dass sich Ärzte und Hebammen zunehmend rechtlich absichern müssen.

Umstrittene Gründe für einen Kaiserschnitt

Es ist umstritten, ob ein hohes erwartetes Geburtsgewicht, eine Beckenendlage, Frühgeburten, Zwillingsgeburten, oder eine Lockerung der mütterlichen Symphyse eine Indikation für eine Schnittentbindung darstellen.

Meine Erfahrung ist, dass das kindliche Gewicht häufig fehleingeschätzt wird und die Mütter dadurch schnell sehr verunsichert werden. Das schwerste Kind, bei dessen Geburt ich dabei war, wog aufgrund eines nicht festgestellten Schwangerschaftsdiabetes 5200g und wurde von einer 1,65cm großen Frau natürlich und ohne Geburtsverletzungen geboren.

Bewegungsfreiheit und eine Stärkung der Intuition der Frau tragen viel dazu bei, Komplikationen wie ein Verkeilen der Schultern bei sehr schweren Kindern (das durch Gebären in Rückenlage und unnatürliches Beschleunigen der Geburt gefördert wird) effektiv zu vermeiden.

Beckenendlagen stellen eine regelrechte Längslage dar. Auch Erstgebärende können Steißlagen natürlich gebären. Der Geburtsverlauf kann in der Eröffnungs- und Austreibungsphase durch den weniger kräftigen Druck des weichen, kindlichen Gesäß’ im Vergleich zum Kopf verlangsamt sein.

Es gibt Kliniken wie die anthroposophische Filderklinik in Stuttgart, die sich auf Geburten aus Steißlage spezialisiert haben. Hier findest Du ein Merkblatt der Klinik zur äußeren Wendung und der Spontangeburt aus Beckenendlage.

Zu früh geborene Kinder reagieren auf Sauerstoffmangel, Infektionen und Geburtsverletzungen besonders empfindlich. Unter Kinderärzten und Geburtshelfern ist aber umstritten, ob das Risiko für das gefürchtete Auftreten von Hirnblutungen durch einen geplanten Kaiserschnitt gesenkt werden kann.

Gründe für einen primären Kaiserschnitt

Bei einer Plazenta praevia, die direkt auf dem Muttermund liegt, ist eine natürliche Geburt nicht möglich, da der sich öffnende Muttermund eine Abschärung des Mutterkuchens bewirkt, was Mutter und Kind durch starke Blutungen schnell in Lebensgefahr bringen kann.

Auch bei schwerer mütterlicher Erkrankung wie Gebärmutterhalskrebs, einer kindlichen Gefährdung durch aktiven Genitalherpes der Mutter im Bläschenstadium, kindlicher Fehlbildung wie Hydrozephalus, einer Querlage, vorzeitiger Plazentalösung, einer schweren Gestose (umgangssprachlich: Schwangerschaftsvergiftung) oder einem HELLP-Syndrom (lebensgefährliche Variante der Gestose) wird die Schwangerschaft durch einen Kaiserschnitt möglichst geplant vor Wehenbeginn beendet.

Gründe für einen sekundären Kaiserschnitt

Es gibt vielfältige Gründe, warum ein Kaiserschnitt während einer begonnenen Geburt nötig werden kann.

Zum Beispiel bei:

  • starkem kindlichen Stress mit Sauerstoffmangel und pathologischem CTG
  • einem Kopf-Becken-Missverhältnis
  • Geburtsstillstand
  • Nabelschnurvorfall
  • drohender Uterusruptur (Zerreißen der Gebärmutter z.B. im Narbenbereich einer vorangegangenen Sectio)
  • Blutung bei tiefsitzender Plazenta

 

Wie ein Kaiserschnitt sanft gestaltet werden kann:

1. Abwarten des natürlichen Wehenbeginns

Die Geburt wird durch ein multifaktorielles, komplexes Zusammenspiel mütterlicher, kindlicher und plazentarer Faktoren ausgelöst, was im Normalfall dann passiert, wenn das Baby ausgereift und bereit für die Geburt ist.

Babys, die durch einen geplanten Kaiserschnitt ohne Wehentätigkeit auf die Welt geholt werden, zeigen häufig Anpassungsstörungen in der Atmung und haben einen schlechteren Allgemeinzustand direkt nach der Geburt.
Das liegt daran, dass die Wehen das Baby nicht nur physisch, sondern auch emotional auf die Geburt vorbereiten. Es erfährt den natürlichen Geburtsstress und reagiert mit einer hohen Adrenalin-, Cortisol- und Endorphinausschüttung, was die Lungenreifung unterstützt und es vor Schmerzen schützt. Bei einer Schnittentbildung sind die Hormonschübe des Kindes um das Zehnfache verringert.

Der Durchtritt durch den Geburtskanal presst das Fruchtwasser aus den Lungen und unterstützt das Baby dadurch direkt bei der Entfaltung der Lunge unmittelbar nachdem es geboren wurde. Kaiserschnittkinder kämpfen häufig mit Fruchtwasser in den Lungen und haben dadurch Atemstörungen.

Um diese Symptome abzumildern und um auch der Mutter einen sanfteren Übergang vom schwangeren zum nichtschwangeren Zustand mit Unterstützung ihrer natürlichen Hormonausschüttungen unter der Geburt zu gewährleisten, ist es bei der Notwendigkeit eines Kaiserschnitts möglich, den natürlichen Wehenbeginn abzuwarten.

Der Vorteil ist dabei, dass das Baby nicht unerwartet aus dem Bauch geholt wird und den Zeitpunkt der Geburt mitbestimmt. Die Kontraktionen bereiten es darauf vor, bald geboren zu werden und auch die Mutter kann sich emotional darauf einstellen und so von der Wehenarbeit profitieren.

Manche Mütter, die sich aus großer Angst vor der Geburt einen Kaiserschnitt wünschen, sich aber auf den natürlichen Wehenbeginn einlassen können, schaffen es ihre Babys mit einfühlsamer Unterstützung doch natürlich zu gebären.

Dass Mütter bei geplanten Kaiserschnitten oft nicht über die Vorteile der Wehentätigkeit informiert werden liegt auch daran, dass die Kaiserschnitte dadurch einfach organisiert werden können. Möglich ist ein Kaiserschnitt aber auch während der Klinikgeburt zu jeder Zeit.

2. Intuitive Kommunikation mit dem Baby

Als wir den letzten Winter in Thailand verbracht haben, hatte ich ein sehr interessantes Gespräch mit einer Mutter von drei Kindern. Sie hat ihr erstes Kind durch einen sekundären Kaiserschnitt geboren, die beiden anderen natürlich und sehr schnell. Obwohl sie die beiden letzten Geburten in schöner und sanfter Erinnerung hat, war sie gefühlt keinem ihrer Kinder während des Geburtsvorgangs so nah wie dem ersten.

Bei ihrer ersten Geburt war es ihr besonders gut möglich  im ständigen Austausch mit ihrem Kind zu sein und sie konnte auch auch während der Operation gedanklich mit ihm kommunizieren und es auf die nahende Geburt vorbereiten.

Bei meiner Geburt mit Katharina ist mir ebenfalls eins besonders in Erinnerung geblieben und das war unsere Interaktion schon während der Schwangerschaft. Auch während der Geburt waren wir im Kontakt und bei meiner letzten Kontraktion vor der Geburt ihres Köpfchens hat sie mir mit einem kleinen Tritt signalisiert, dass es ihr gut geht.

Ungeborene Babys sind sehr sensitiv und in engstem Kontakt mit den mütterlichen Gefühlen, die Einfluss auf die „emotionale Reifung“ des Kindes haben. Wenn wir uns dessen bewusst sind, uns auf sie konzentrieren und uns innerlich mit ihnen verbinden, können wir sie selbstverständlich auch bei einer Schnittentbindung mental unterstützend begleiten.

3. Frühes Bonding noch im und während der OP

Bei Kaiserschnitten aufgrund kindlicher Gefährdung wird das Baby direkt nach der Geburt von den bereit stehenden Kinderärzten untersucht und danach so schnell wie möglich der Mutter oder dem Vater gebracht.

Gibt es keine Anzeichen auf fetalen Stress, kann das Baby direkt vom Bauch auf die Brust der Mutter gelegt werden. Dort hört es die Stimmen der Eltern, spürt den Herzschlag der Mutter und kann sich von der schnellen Geburt und der plötzlichen Abnabelung erholen. In manchen Kliniken wird es auch möglich gemacht, das Baby bereits im OP das erste Mal zu stillen.
Wie der weitere Verlauf der Kaiserschnitt-Entbindung gehandhabt wird, hat viel mit der entsprechenden Klinikroutine zu tun. Es lohnt sich, im Vorfeld nachzufragen und sich die üblichen Abläufe erklären zu lassen. Das gibt Sicherheit und bietet Raum für Fragen und die Äußerung von Wünschen.

Ist die Mutter z.B. aufgrund starker Übelkeit durch eine Vollnarkose oder wegen Schmerzen nicht in der Lage nach Abschluss der Operation ihr Baby auf die Brust oder in den Arm zu nehmen, kann das vom Vater übernommen werden.

In der Klinik, in der ich gearbeitet habe, war es üblich, dass die Väter ihre Babys in einem ruhigen Raum mit gedämpftem Licht auf den nackten Oberkörper gelegt und mit warmen Handtüchern zugedeckt haben, während die OP noch beendet wurde. Die Stimme des Papas ist vertraut und beruhigt die Kinder und die Nähe tut auch den emotional oft sehr mitgenommenen Männern gut.

Das routineemäßige Wiegen, Messen und Anziehen sollte generell frühestens nach ein bis zwei Stunden erfolgen, um die hochsensible Zeit für Mutter, Vater und Kind nicht zu stören. Dabei müssen Eltern ihre Kinder nicht abgeben, sondern können direkt dabei stehen und dem Baby durch ihre Nähe signalisieren, dass es nicht allein in fremden Händen ist.

Die Risiken eines Kaiserschnitts

Ein Kaiserschnitt stellt laut Fachliteratur nicht die sicherste Geburt für Mütter dar. Es besteht die Gefahr eines Narkosezwischenfalls und verlängerter Wundheilung. Es kann zu schmerzhaften Verwachsungen, Harnwegsinfekten und Stillproblemen kommen. Die Risiken bei Folgeschwangerschaften sind erhöht und die Mutter ist häufig emotional durch das ausgebliebene Geburtserlebnis und das Fehlen der natürlichen Hormonausschüttung belastet.

Dennoch können Kaiserschnittgeburten von Müttern selbstverständlich ebenso schön empfunden werden wie eine natürliche Geburt und völlig komplikationslos verlaufen!

Für welchen „Geburtsmodus“ sich Frauen entscheiden, hat mit ihrer eigenen Geschichte und den Erfahrungen bei vorangegangenen Geburten und / oder Prägungen aus ihrem direkten Umfeld zu tun. Die behutsame Weitergabe von Wissen und eine einfühlsame Betreuung in der Schwangerschaft tragen viel dazu bei Ängste aufzulösen, Mütter und ihre Partner zu stärken und die Geburt, wie sie auch verlaufen mag, mit einem neuen (Körper-)Bewusstsein und Verständnis für natürliche Prozesse zu erleben.

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Hier findest Du das Video zum Thema:

 

4 Kommentare
  1. Ines sagte:

    Hallo Larissa,
    vielen Dank für Deinen / Euren Blog, die vielen Ideen, Hinweise und Tipps.
    Ich selbst habe selbst in meiner 1. Schwangerschaft einen Kaiserschnitt durchführen lassen müssen und unsere Tochter hat seitdem eine Neurodermitis. Sicher ist der Kaiserschnitt nicht die alleinige Ursache dessen, jedoch konnten wir zwischenzeitlich nachweisen, dass ihre Darm-/Hautbesiedlung mit Mikroorganismen nicht ausreichend ist.
    Da bei einem Kaiserschnitt das Risiko einer mangelhaften Besiedlung hoch ist (und damit das Risiko für Neurodermitis, Asthma, … steigt), kann man ein wenig nachhelfen. Vor Durchführung des Kaiserschnitts sollte man selbst / der Mann / die Hebamme einen Handschuh in der Scheide mit der Scheidenflüssigkeit benetzen. Nach der Durchführung des Kaiserschnitts sollte dann das Kind damit abgerieben werden. So kann man ein wenig die natürliche Geburt simulieren.

    Dies ist in verschiedenen Büchern nachzulesen, zB Robynne Chutkan (The Microbiome Solution) oder Anna Katharina Zschocke (Natürlich heilen mit Bakterien). Vielleicht hilft es dem einen oder anderen als Anregung.

    Viele Grüße,
    Ines

    Antworten
  2. Sam sagte:

    Liebe Larissa,
    aus verschiedenen Gründen wünsche ich mir einen Kaiserschnitt für mein Weihnachtsbaby. Es ist scheinbar unmöglich Informationen zu finden, wie man diesen möglichst gut für das Baby gestalten kann, meist wird statt dessen missioniert vaginal zu gebären. Es zeigt wirklich Größe wenn eine Hebamme, die für sich selbst überzeugt von Alleingeburt ist, dennoch auch für sectios so wertvolle Hinweise gibt! Ich hoffe sehr, dass sich meine Wunschklinik auf das Abwarten auf die Wehentätigkeit einlassen wird.

    Herzliche Grüße,
    Sam

    Antworten

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